Bundesweintaufe und Bacchuspreisverleihung
Der Musiker, Literat und „Stadt-Flaneur“ Ernst Molden wurde im Rahmen der Bundesweintaufe im Wiener Rathaus mit dem Bacchuspreis 2022 für herausragende Verdienste um den österreichischen Wein ausgezeichnet. Zugleich fungierte Molden als Taufpate für den neuen Jahrgang, dem er – als Hommage an seinen jüngeren Bruder, mit dem er schon als Kind gerne die Abhänge des Wiener Cobenzl durchstreift hat – den Taufnamen „Blonder Berthold“ verlieh. In seinen Liedern, Texten und Betrachtungen leuchtet Molden regelmäßig die schönen und weniger schönen, bekannten und unbekannten Winkel der Wienerstadt aus und begegnet dabei ebenso gern wie nahezu zwangsläufig immer wieder auch dem Wiener Wein und dem Wiener Heurigen.
Jedes vierte Jahr richtet der Landesweinbauverband Wien – alternierend mit den anderen weinbautreibenden Bundesländern – zusammen mit dem Bundesweinbauverband die Bundesweintaufe in Wien aus. Dabei ist es die Obliegenheit des Wiener Weinbauverbandes und seines Präsidenten, Norbert Walter, den Bacchuspreisträger zu nominieren. Die Wahl fiel heuer auf den eng mit Wien und dem Wiener Wein verbundenen Künstler Ernst Molden, den Laudator Walter beim Festakt im Wiener Rathaus als aufrichtigen Weinfreund würdigte, für den die Wahrheit des Weines in der Einfachheit liegt.
Kein Weinredner, ein Weintrinker
„Für mich verkörperst Du stets die Normalität des Weins, nicht das Chichi, nicht das Klimbim. Das Schnörkellose, Geradlinige, Unaufgeregte. () Und dabei stellst auch Du dich, wie ein guter Tropfen, nicht in den Mittelpunkt: Ein gutes Glas Wein drängt sich nämlich nicht auf. Es rundet ab, ergänzt, macht aus einem Informationsaustausch ein Gespräch, aus einem Meeting ein Beisammensein, aus Fremden Bekannte. () Dabei bist Du, der mit Sprache auf alle erdenklichen Arten jonglieren und spielen kann, einer, der nicht gerne über Wein spricht. Du bist kein Weinredner, sondern ein Weintrinker. () Und gerade das macht Dich zum perfekten Botschafter des Weins und würdigen Träger des Bacchus-Preises 2022.“
Besonders erfreut zeigte sich Walter auch, dass Molden in einem so exzellenten Weinjahr wie 2022 der Bacchus-Preis verliehen wird:
„Ein sehr heißer Sommer und ein wunderschöner, trockener Herbst brachten uns dichte und konzentrierte Weine, die zugleich vor Frucht strotzen und uns und dem Bacchuspreisträger mit ihrer Spannung und Eleganz noch viel Trinkfreude bereiten werden!“
Wien aus der Erdgeschoss-Perspektive
Sein künstlerisches Schaffen begann für Ernst Molden, dessen Oeuvre sich kaum in einem Satz zusammenfassen lässt, mit dem Schreiben. Dafür wählte der Spross einer bekannten Wiener Familie – seine Großmutter Paula Preradović war unter anderem die Verfasserin der österreichischen Bundeshymne, sein Vater Fritz Widerstandskämpfer, Zeitungsverleger und Verlagsbegründer – für sich ganz bewusst die, wie er es nennt, „Erdgeschoss-Perspektive“. Sie eröffnet ihm einen speziellen und inzwischen zu seinem Markenzeichen gewordenen Blick auf die Stadt.
Der Wiener Dialekt als Grundton
Nach seinen Anfängen als Reporter und Autor unter anderem für Presse und Profil, wurde Molden, der seit dem Jahr 2015 eine wöchentliche Kolumne in der KURIER-Freizeit mit dem Titel „Wien Mitte“ verfasst, unter anderem Dramaturg am Wiener Schauspielhaus, aber gleichzeitig und immer mehr auch Musiker mit einem Stilmix, den man durchaus als eine Art neues Wienerlied modernen Zuschnitts bezeichnen könnte. Dabei fokussiert sich der Übersetzer von drei Asterix-Heften ins Wienerische mittlerweile ganz auf den Wiener Dialekt, den er in allen Facetten beherrscht und der eine Grund-Tonalität in seiner Musik bildet.
Der Heurige als schlichter Teil des Wiener Alltags
Eine der Lieblingsbeschäftigungen von Molden, der seine Eindrücke aus dem unmittelbar Erlebten des Gehens und Herumflanierens bezieht und damit dem Begriff der „Wandergitarre“ neues Leben eingehaucht hat, ist es, mit anderen zusammen zu musizieren und zu feiern. Zu seinen wichtigsten Wegbegleitern gehörte und gehört dabei Willi Resetarits, ebenso wie der Knöfperlharmonika-Meister Walther Soyka – und spätestens hier erfolgt der Brückenschlag zum Wiener Heurigen, dem Molden lange Zeit sehr zurückhaltend gegenübergestanden war. Der Grund dafür war ein Kindheitstrauma, als er unmittelbar neben einem Heurigen wohnte und sein Schlaf unter den touristischen und wenig authentischen Auswüchsen der Wiener Heurigenseligkeit gelitten hatte. Doch als Soyka ihn schließlich überredete, ihn – samt Gitarre – zum Heurigen Hengl-Haselbrunner, einem Epizentrum des Wiener- und Heurigenliedes zu begleiten, wurde aus der Abneigung wahre Liebe. Hier erlebte er den Heurigen als „schlichten Teil des Wiener Alltags“.
„Keine Insignien, keine Buschen, keine komischen Wagenräder. Bloß da die Schank, dort der Tisch. Da der Aschenbecher, dort das Viertel. Und dann der Soyka und der Stirner (Zither-Virtuose und ebenfalls musikalischer Begleiter von Molden) mit ebenso knochentrockener wie wunderschöner Musik. () Was wollt ich noch sagen? Genau: Heurige sind super!“
Der Dreivierteltakt als Rhythmus des Rausches
Seit dieser Zeit ist, wenn Molden in der Öffentlichkeit auftritt, ein Glas Wein, ein G’spritzter-Krügerl oder eine einfache Karaffe zumeist in Griffweite und Molden hat es sogar zum Leiter der so genannten „Schreib- und Trinkklasse“ der „Wiener Schule für Dichtung“ gebracht. Gemeinsam mit den Teilnehmern wurden dabei unter dem Motto „Wein erschreiben – der Rausch der Poesie, die Poesie des Rausches“ unkonventionelle Wege beschritten um den Wein in gänzlich neuen Worten und Tönen zu beschreiben, wobei der Kursleiter zur Schlussfolgerung kam, dass der Dreivierteltakt überhaupt der „Rhythmus des Rausches“ ist.